Donnerstag, 8. August 2013


3.8. Colchani - Uyuni 25 km
Standortkoordinaten: S20.46113, W066.82096 Höhe: 3669 m

Nachdem wir Kreuz und Quer durch Colchani gefahren sind, hatten wir dann nach einigen Nachfragen doch noch eine Unterkunft gleich neben dem Museum gefunden. Stand natürlich nicht dran so etwas wie Hotel, Hostal, Hospedaje oder ähnliches. Das würde die Suche nach einer Unterkunft ja vereinfachen. Das Zimmer war aber sauber, im Hof konnten wir kochen und für insgesamt 6 Euro schaut man auch darüber hinweg, dass es keine Dusche gibt und das Wasser für die Toilettenspülung aus dem Brunnen gezogen werden muss. Für 120 US-Dollar die Nacht hätten wir auch in einem richtigen Hotel am Rande vom Salzsee übernachten können, aber das war uns dann doch etwas zu teuer.

Dank dem immerwährenden Nordwind, und somit seit Wochen das erste mal wieder Rückenwind, sind wir schnell in Uyuni, einer staubigen, windigen, kalten "Stadt" ohne Flair. Wir finden nach etwas suchen das preisgünstige, sehr saubere Hotel Inti und wie so oft findet man es nicht im Reiseführer. Die besten Unterkünfte erfährt man von anderen Reisenden auf dem Weg.


Unterkunft in Colchani

Kochen im Innenhof

2.8. Isla Incahuasi - Colchani  78 km
Standortkoordinaten: S20.30256,W066.93838 Höhe: 3664 m

Für Fahrradtouristen hat Don Alfredo das goldene Gästebuch, in dem wir uns eintragen müssen. Mit Erstaunen stellen wir fest, dass tatsächlich fast jeden zweiten Tag Fahrradfahrer bei ihm unterkommen. Vor uns ein deutscher, davor zwei Polen und so geht das Buch bis ins Jahr 2007 zurück. Um 7:00 Uhr stehen schon 20 Jeeps vor der Insel. Die Touristen frühstücken recht gesund. Es gibt Müsli, Tee, Kaffee, Brot und Marmelade draußen in der Kälte auf den Tischen aus Salz. Und wo frühstücken eigentlich die Fahrer der 20 Jeeptouren? Wir gehen uns bei Don Alfredo verabschieden und staunen nicht schlecht, als wir in seinem kleinen "Restaurant"  die Fahrer der Jeeps bei Bier und Suppe antreffen. 

Wir folgen den Jeepspuren und juhu mit einem Schnitt von 18 km/h lässt es sich so richtig schön über den See rollen. Da machen uns auch die 78 km nichts mehr aus. Immer wieder bei unseren Pausen sind wir eine kleine Touristenattraktion. Wir werden gefilmt und abfotografiert. Mittlerweile beantworten wir nur noch Fragen der Jeeptouristen gegen Wasser oder Schokoriegel. 

Was sich in so einem Jeep, einer typischen 4 Tage /3 Nächte "Abenteuert-Expedition" abspielt lest ihr hier:

Manfred: Peter, siehst du das da vorne? Sieht aus wie ein Fahrradfahrer. 
Peter: Nein, ich sehe nichts. 
Manfred: Doch ganz sicher, da am Horizont. 
Peter: Ach du hast doch Halluzinationen. 
Manfred zum Fahrer: Können Sie langsamer fahren?
Peter: Tatsächlich, ein Fahrradfahrer. Und dahinter noch einer. 
Horst meldet sich von der Rückbank: Leute, das kann doch nicht sein, wir haben doch hier das große Abenteuer gebucht, da können uns doch nicht auf der selben Strecke zwei Fahrradfahrer entgegenkommen.
Peter: Manfred, Kurbel sofort das Fenster wieder hoch, wir haben Klimaanlage an.
Manfred: lass mich doch kurz ein Foto machen, das glaubt uns doch ansonsten zu Hause keiner.





Ojos = Wasserloecher im Salar de Uyuni




Die Jeeptouristen
Mitten auf dem Salar de Uyuni






1.8. Auffahrt Puerto Chuvica - Isla de Incahuasi 46 km
Standortkoordinaten: S20.24107, W067.62754

Um 6.30 Uhr  geniessen wir den Sonnenaufgang und um 8 Uhr geht es auch schon los. Wir müssen 3 Kilometer östlich auf den Salar de Uyuni und dann hart nach Norden schwenken, immer den Vulkan Tunupa im Visier sind es noch 40 Kilometer zur Insel im größtem Salzsee der Welt. Je nach dem wie das Salz auf der Oberfläche nach der Regenzeit auskristalisiert, kann man mit dem Fahrrad eine Geschwindigkeit von 30 km/h erreichen.  Passt auch alles und da sich Bolivien gerade in der Trockenzeit befindet und es seit Wochen nicht geregnet hat, ist der Salar befahrbar. Soweit die Theorie.

Manchmal kristallisiert das Salz sich auf der Oberfläche zu schönen geometrischen Formen aus, die man von vielen Bildern kennt, manchmal kristallisiert das Salz auch zu einer absolut ebenen Oberfläche aus. In unserem Fall meinte das Salz sich zu einer harten Schotterpiste auskristallisieren zu müssen. Wir fahren einem Schnitt von 8,5 km/h. Nach fünf Kilometern denkst du, dass ändert sich noch, nach 10 Kilometern hast du schon 100 Mal geflucht, nach 15 km denkst du, die Hoffnung stirbt zuletzt, nach 17 km steigst du ab uns schiebst und nach 20 km endlich die Erleuchtung: Du realisierst, dass sich auch die nächsten 20 km nichts an der schlechten Piste ändern wird. Mensch und Maschine werden hier extrem belastet. Unsere gefederte Sattelstütze läuft auf Hochtouren und ich wünsche mir jetzt ein vollgefedertes Mountainbike ohne klappernde Gepäcktaschen. Morgen müssen wir weitere 70 km auf dem Salzsee radeln. Das schaffen wir nie. Aber wir müssen zur Insel. Jeder Südamerikaradler war schon auf der Insel und trägt sich bei Don Alfredo (der heißt wirklich so) ins Goldene Buch ein. Ein ungeschriebenes Gesetz. Denn nur Radler dürfen auf der Insel inoffiziell übernachten. 

Nach 6 Stunden kommen wir völlig erschöpft auf der Insel an. Dann der Schock: Etwa 40 Jeeps mit je 6 Touristen stehen überall verteilt herum und genießen ihr gebuchtes Mittagessen auf der Isla. Es ist ein ständiges kommen und gehen der Jeeptouristen. wir schätzen über den Tag wird die kleine Insel von 80-100 Jeeps angefahren. Wieviele Touristen die Insel pro Tag bevölkern könnt ihr euch jetzt selber ausrechnen. Zum Ausgleich der heutigen Strapazen gönnen wir uns einen Lamaburger und ein Lamasteak im Inselrestaurant. Leider hat Don Alfredo wohl heute etwas zu wild gefeiert mit einigen Kumpanen vom Festland. Gelinde ausgedrückt ist Don Alfredo total voll. Seine Frau gibt uns aber zu verstehen, dass wir noch warten sollen bis die Jeeptouristen alle weg sind, dann fände man schon eine Stelle zum Schlafen für uns. Gesagt, getan. Als dann endlich gegen 18:00 Uhr alle Jeeptouristen verschwunden sind gehört uns die Insel alleine. Kurzer Aufstieg zwischen vielen Kakteen zum höchsten Punkt der Insel und am Horizont geht die Sonne unter. In einem kleinen Raum pusten wir die Isomatten auf und legen uns schlafen.



Schotterpiste



Isla de Incahuasi

Das Gästezimmer von Don Alfredo
Hausflur von Don Alfredo (im Hintergrund Lamafleisch)








31.7. San Juan - Auffahrt Puerto Chuvica 49 km
Standortkoordinaten: S20.60593, W067.58301

Die schlimmste Strecke liegt vor uns. Wenn ihr das auch machen wollt, bedenkt folgendes:

Die Straßen werden euer größter Albtraum sein. Es gibt so viele Spuren, dass du nicht weißt, welche du nehmen sollst. Richtungsschilder sind so gut wie nicht vorhanden und wenn, dann zeigen sie nicht in die richtige Richtung. Die Pisten sind unglaublich staubig, mit der Oberflächenbeschaffenheit von Wellblech oder tiefen Sand, die das Fahrradfahren fast unmöglich machen, besonders wenn dein Fahrrad noch mit extra Verpflegung und zusätzlichem Wasser schwer beladen ist. Rechne damit viele Kilometer zu schieben und das in großer Höhe. 

Die harten Fakten sind folgende: die besten Teile der Straße die du fahren kannst ist das Waschbrett, denn es ist die einzige harte Oberfläche. Du wirst kilometerlang kräftig durchgeschüttelt. Durch die Vibrationen, Schwingungen und harten Schlägen lösen sich die Schrauben an deinem Rad. Das schlimmste ist das Geklapper und Gewackel deiner Ortlieb Fahrradtaschen, das dich zum Wahnsinn treibt, seit  die Ortlieb-Fahrradtaschenhalterungen nicht mehr zum Gepäckträger passen. Abseits vom Waschbrett versinken deine Felgen im tiefen Sand und du schiebst dein Schweres Rad in Höhen von über 3500 Metern über dem Meeresspiegel und es ist nicht gerade flach hier. Dazu kommt der starke, kalte Wind, der dir Mund und Rachen austrocknen lässt. Sandstürme sind auch nicht selten.


Friedhof in San Juan


Staubige Begegnung mit den Jeeps


Strasse San Juan - Manica


Kurz vor Manica



Das ist der Krämerladen in Manica


Grotteneingang kurz vor Puerto Chuvica
Hotel Sal: Auffahrt Puerto Chuvica

30.7. Ollagüe (Chile) - San Juan (Bolivien) 70 km
Standortkoordinaten: S20.89918, W067.76641

Frisch geduscht satteln wir die Räder. Es ist schon wieder recht warm. Wir radeln wie fast immer barfuss in Crocs. Noch kurz im Almacen (Krämerladen) etwas Milch, Kekse, Schokolade, Tang (Getränkepulver) und Halsbonbons geholt, kommen auch schon die beiden Frenchies angeradelt und fragen uns wo es einen Almacen gibt. "Keine Ahnung, aber das hier hinter uns, wo ich gerade mit drei kleinen Einkaufstüten aus der Tür raus bin, ist der Baumarkt. War gerade Schrauben holen."

Die beiden sind schwer bepackt. Wir fragen drei mal nach, aber sie beharren darauf, dass Sie jeder 70 (siebzig) Kilo auf dem Anhänger hätten. Die Dinger sind wirklich haushoch beladen. Sie wollen den Salar de Uyuni nach Norden verlassen. Zugegeben eine etwas menschenleere Ecke. Viel Essen hätten Sie mit. Na gut, dass wir vor dem Krämerladen stehen denke ich mir. Und in San Juan gibt es mindestens vier davon, die Dinge wie Reis, Nudeln, Kartoffelpulver und eben alles was du so benötigst verkaufen. Das müsst ihr nicht alles aus Paris mit einführen. 

Die chilenische Grenze ist schnell passiert. Nach fünf Kilometern Niemandsland kommen wir zur bolivianischen Grenze. Unkompliziert bekommen wir 90 Tage in die Pässe gestempelt und vor der Tür halten wir noch einen kurzen Schnack mit einigen neugierigen Bolivianern, die unsere Räder bestaunen. Und da kommen auch schon unsere beiden Freunde: Ist das hier die bolivianische Grenze? Nein, hier ist die Finnische, bin ich versucht zu sagen, wobei mir Finnland nicht auf Französisch einfällt. 

Nach neun Kilometern rechts der Bahnschienen führt der Weg links der Bahnschienen weiter. Zeit für unser zweites Frühstück (Haferflocken und Müsli für die Power). Nach zwanzig Minuten kommen auch unsere Freunde, immer noch in dicken Wanderstiefeln und Wollsocken, Thermounterhemden und Fleecepullover. Wir sitzen im T-Shirt und geben ihnen etwas Vorsprung. So langsam wie die fahren, haben wir die bald wieder eingeholt. 30 Minuten später überholen wir schon den ersten, der schnaufend und mit rotem Kopf in die Pedalen tritt. Wir bewegen uns zwar die ganze Zeit auf etwa 3700 Metern, aber unser Puls und unsere Atmung ist normal. In der Zwischenzeit hält noch ein Auto neben uns. Das einzige Auto welches wir heute Vormittag sehen. Der bolivianische Fahrer steigt aus und fragt uns ob dieses der Weg nach Uyuni  sei. Drei Antworten gehen mir durch den Kopf: a) Ja, wir fahren die Strecke drei mal am Tag mit dem Fahrrad. b) Ja, wir sehen so aus wie typische Bolivianer und wissen wo es lang geht. Und c) Vielleicht, denn wie unschwer zu erkennen ist, kommen wir nicht von hier, warum sollen wir uns also besser auskennen als ein Einheimischer.

Schon bald kommen wir von der schlechten Schotterpiste auf einen Salar. Wie dieser heißt, wissen wir nicht, denn wir besitzen von Bolivien keine Landkarte nur einige Screenshots von Google Earth. Nächstes Etappenziel ist das Militärcamp Chiguana wo es Wasser und eine Übernachtungsmöglichkeit gibt. Aber es ist erst Mittag und auf dem Salar lässt es sich klasse fahren. So steuern wir direkt San Juan an. Immer der Nase nach, denn es gibt viele Spuren im Sand. Ich denke noch einmal an die schwerbepackten Frenchies, die wir schon lange hinter uns gelassen haben. Sie sind bestimmt der anstrengenden Schotterstraße am Ufer gefolgt, anstatt auf dem Topfebenen Salar dahinzugleiten. Nachmittags bremst uns der einsetzende Nordwind kräftig aus und die letzten fünf Kilometer geht es dann noch mal richtig ins eingemachte mit Wellblechpiste und tiefen Sand.

Hostel Grenze Ollague
Ollagüe - Vulkanevakuierungsroute


Die Frenchies

Grenze Bolivien

Lamas
Vorsicht: Cholera
Ollague
Auf dem Weg nach San Juan - kurz hinter Chiguana

Welcher Weg?


Die letzten 5 Kilometer vor San Juan - Wellblechpiste