Freitag, 10. Januar 2014

06.01. La Junta - 16 km nach Puyuhuapi 65 km
Standortkoordinaten: S44.44617, W072.59603

So schnell kann es sich ändern. Schon beim Losfahren regnet es. Und heute spielen wir mal das Spielchen: Regenjacke an, Regenjacke aus, Regenjacke an, Regenjacke aus. Immer wenn wir die Regenmontur gerade anziehen hört es auf zu regnen. Ziehen wir sie aus, fängt es wieder an. Es ist zum verrückt werden. Nach einigen Runden vergeht uns die Lust am Spiel. Also entscheiden wir uns für Regenjacken ausziehen. Fängt dann natürlich direkt an aus Eimern zu schütten. Da kommt uns die Idee: Ich ziehe die Jacke aus und Simon die Jacke an. Mal sehen was passiert. Und was passiert? Das Wetter kann sich nicht entscheiden und schickt nun feinen Nieselregen ins Spiel. Na gut, damit können wir mit und ohne Jacke leben.

Neben der Straße steht ein zerbrochenes Fahrrad. Der Rahmen ist schon geschweißt worden, ist aber wieder gebrochen. Und aus dem Vorderrad sind 11 Speichen herausgebrochen. Es errinnert an ein Skelett in der Wüste. Und es erscheint uns wie eine Warnung an alle Fahrradfahrer: Carretera Austral, ab hier erwartet euch nur noch Tod und Verderben.

Das kleine Nest mit dem witzigen Namen Puyuhuapi in dem wir mittags ankommen, wurde übrigens 1935 von Sudetendeutschen gegründet und es gibt heute noch eine Hamburger Schule und deutsche Straßennamen. Und erst irgendwann in den achtziger Jahren kam dann der Straßenanschluss. Vorher kam man nur mit dem Boot hier her. Wir plündern noch kurz den Krämerladen und fahren dann weiter zu einem kleinem Zeltplatz direkt am See. Schön so eine heiße Dusche nach einem verregneten Tag. Und wie schon die in den letzten Tagen fragen wir uns: wo sind die Touristen? Es ist Hochsaison und wir sind mal wieder alleine auf dem Zeltplatz. Auf den Straßen ist auch nichts los. Haben heute vielleicht zwanzig Autos und einen Lastwagen gesehen.







Unsere Heimat




Zeltplatz am See

05.01. Villa Santa Lucia - La Junta  73 km
Standortkoordinaten: S.43.97075,W072.40245

Heute ist es also soweit. Für uns beginnt hier die berühmt berüchtigte Carretera Austral. Über 1000 Kilometer übelste Schotterpiste, Regen, Regen und nochmals Regen. Oder wie heißt es so schön: hier regnet es 370 Tage im Jahr. Und Stürme von 100 Kilometern pro Stunde und mehr. Ihr werdet von den Fahrrädern geblasen. Selbst an Schieben ist nicht zu denken. Und Straßenstaub. Oder wie uns ein deutscher Motorradfahrer in Peru sagte: „Ihr wollt die Carretera Austral fahren? Mit dem Fahrrad? Das heißt für euch 1300 Kilometer Staub fressen. Viel Spaß!" Und Kilometerlange Baustellen. Da sinkt ihr mit euren Fahrradreifen knöcheltief ein. Ihr müsst Teile mit dem Bus zurücklegen, so schlecht ist der Belag.

Aber wie immer kommt alles anders als man denkt. Ja was soll das denn? 8:00 Uhr morgens, blauer Himmel, Sonnenschein, absolute Windstille. Immerhin ist die Schotterpiste noch geblieben und nicht durch Asphalt ersetzt worden. Noch nicht. Naja, wir wollen uns nicht beschweren. 70 Kilometer Baustelle liegt heute vor uns. Die ersten fünfzig Kilometer denken wir: schöner kann es gar nicht sein. Wald, soweit das Auge reicht, glasklare Flüsse und türkisblaue Seen vor schneebedeckten Bergen. Nur kann ich die Straße nicht immer vom Flußbett untscheiden. So grob ist der Schotter und die letzten zwanzig Kilometer sind dann doch sehr anstrengend. 

In La Junta angekommen haben die paar Krämerladen alle geschlossen. Nein, haben sie eigentlich nicht, nur brennt es am Ende des Dorfes gerade und da müssen natürlich alle Dorfbewohner mal gucken gehen was da so los ist. Also wie zu Hause wenn endlich mal was passiert. So, Feuer ist gelöscht, alle zurück vor den Fernseher oder eben noch mal den Krämerladen öffnen. Im Garten von Vientos del Sur, einem Ferienhaus, können wir Zelten und bald kommen auch die beiden Franzosen Anna und Laurent und schlussendlich auch die beiden Schweizer Rosina und Mirko an.

Die berühmt berüchtigte Carretera Austral
Franzosen Anna und Laurent
Rosina und Mirko (Schweizer)



04.01. Futaleufú - Villa Santa Lucia 78 km
Standortkoordinaten: S.43.41187, W072.3664

Der heutige Tag führt uns erst einmal Richtung Westen. Die Carretera Austral muss noch 1 Tag auf uns warten. Es ist trocken und der Wind gegen uns hat noch nicht eingesetzt, wir rechnen aber minütlich damit. Bis auf das die Straße ungepflastert ist, könnte diese wunderbare Gegend mit ihren verschneiten Gipfeln in der Schweiz liegen. Die Flüsse die wir immer wieder erreichen laden geradezu zum Baden ein, allerdings ist das Wasser so kalt, dass wir nicht mal den Zeh reinhalten. Das Wasser ist so klar. 

Immer wieder entdecken wir auf der Strecke weitere Reifenspuren. Wer mag das wohl sein, wieweit ist der oder die Radfahrerin vor uns? Wir wissen, dass Rosina und Mirko, zwei Schweizer mit denen wir uns in Bolivien trafen, etwa 2 Tage vor uns sein müssen. Die letzten Kilometer nach Villa Santa Lucia sind ziemlich anstrengend, da der patagonische Wind eingesetzt hat. Zum nächsten Dorf schaffen wir es auch noch. Uns kommen 2 chilenische Wochenendradfahrer entgegen und wir erfahren, dass ein Tandempärchen im Dorf sei. In Villa Santa Lucia  angekommen, sehen wir im Garten eines Hauses nicht nur ein Tandem stehen, sondern auch noch 2 weitere Räder. Ich kann es kaum glauben, aber schon liegen Rosina und ich uns in den Armen. Die zwei sind doch nicht soweit vor uns gewesen. Heute sogar nur eine halbe Stunde. 

Mit dem französischen Pärchen Anna und Laurent und Rosina und Mirko campen wir im Garten bei einer Familie. Abends machen mir uns Stockbrot frisch auf dem Lagerfeuer. Wir Frauen gehen aber erstmal die kleinen Minimärkte in dem 100 Seelendorf aufsuchen um etwas essbares zu finden. Zur Feier des Tages gibt es eine Flasche Wein und am Lagerfeuer lassen wir den Tag hinter uns. Gegen 22 Uhr erscheint noch ein weiterer Radfahrer aus Frankreich der ziemlich erledigt sein Zelt aufbaut. 

Viehtreiben
Franzosen, Schweizer und wir